Kündigung in der Probezeit nach einem Arbeitsunfall

Zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber war wie nahezu üblich vereinbart worden, dass die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit gelten. Während der Probezeit erlitt der Kläger einen äußerst schweren und tragischen Arbeitsunfall. Wie es im Einzelnen zu diesem folgenschweren Arbeitsunfall kam, ist zwischen den Parteien streitig. Gut zwei Monate nach dem Arbeitsunfall, aber noch innerhalb der Wartezeit kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis.

 

Gegen diese Kündigung wehrte sich der Kläger vor dem Arbeitsgericht. Er hielt die ausgesprochene Kündigung für unwirksam und vertrat dabei die Ansicht, die Beklagte verhalte sich treuwidrig, insbesondere, da (noch) nicht geklärt sei, wen letztlich das Verschulden an dem Arbeitsunfall treffe.

 

Die Beklagte hielt die ausgesprochene Kündigung für wirksam, da das Kündigungsschutzgesetz im Zugangszeitpunkt der Kündigung (noch) keine Anwendung fand. Darüber hinaus behauptete sie, dass der Kläger sich bereits vor dem Arbeitsunfall nicht als sonderlich teamfähig erwiesen habe und durch sein eigenes Verhalten den Arbeitsunfall verursacht habe.

 

Das Arbeitsgericht Solingen wies in seinem Urteil vom 10.05.2012 (Az.: 2 Ca 198/12; nach Berufungsrücknahme im Verfahren vor dem LAG Düsseldorf, 14 Sa 1186/12, rechtskräftig) die Kündigungsschutzklage ab.

 

Da die Wartezeit des § 23 KSchG im Zugangszeitpunkt der Kündigung noch nicht abgelaufen gewesen sei, könne sich der Kläger nicht erfolgreich auf § 2 des Kündigungsschutzgesetzes berufen. Zudem sei in dem Arbeitsvertrag eine wirksame Probezeitvereinbarung getroffen worden. Die Beklagte sei daher auch berechtigt gewesen, mit der gesetzlichen Kündigungsfrist von vierzehn Tagen das Arbeitsverhältnis innerhalb der sechsmonatigen Probezeit zu beenden. Die Probezeit diene gerade dazu, es dem Arbeitgeber zu ermöglichen, den Arbeitnehmer möglicherweise mit einer kürzeren Kündigungsfrist entlassen zu können, falls dieser sich als nicht geeignet für die auszuübende Tätigkeit erweise.

 

Die Kündigung sei nicht sittenwidrig gewesen, da sie nicht auf einem verwerflichen Motiv der Beklagten beruhte.

 

Die Kündigung sei auch nicht treuwidrig gemäß § 242 BGB. Als möglicher Fall einer treuwidrigen und damit nach § 242 BGB unwirksamen Kündigung sei der Tatbestand des widersprüchlichen Verhaltens des kündigenden Arbeitgebers anzusehen. Der Sachverhalt ließe den Schluss nicht zu, die Beklagte habe sich von sachfremden oder willkürlichen Motiven leiten lassen. Der Kündigungsentschluss der Beklagten sei nach dem - allerdings streitigen - Vorbringen der Beklagten bereits vor dem Arbeitsunfall des Klägers getroffen worden.

 

Ein durch den Arbeitsunfall motivierter Kündigungsentschluss ist nicht treuwidrig

 

Aber selbst ein durch den tragischen Arbeitsunfall motivierter Kündigungsentschluss der Arbeitgeberin wäre nicht treuwidrig. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass durch die extreme Verletzung der rechten Hand des Klägers die Arbeitsfähigkeit desselben über Wochen und Monate nicht wieder hergestellt werden könne, die Beklagte insoweit also auf lange Sicht nicht mit der Vertragserfüllung durch den Kläger rechnen könne. In dieser Situation sei die Kündigung des Arbeitsverhältnisses - eben weil das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde - durchaus legitim. Der Arbeitnehmer habe sich bei Eingehung der vertraglichen Verpflichtung nämlich vorgestellt, einen im Prinzip arbeitsfähigen Arbeitnehmer vertraglich verpflichtet zu haben. Selbst wenn als Kündigungsgrund der Arbeitsunfall als solcher herangezogen würde, sei dies rechtlich nicht zu beanstanden. Etwas anderes könne allenfalls für den Fall gelten, dass der Arbeitgeber einen Arbeitsunfall und damit die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers vorsätzlich verschuldet habe, so das Gericht in seiner Entscheidung.