Flugverspätung zwischen 3 und 4 Stunden auf einem Flug über 3.500 km – Kürzung der Ausgleichszahlung?

Nach Art. 7 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 261/2004 wird das Flugunternehmen belohnt, wenn es trotz Annullierung des Fluges den Fluggast mit einer geringen Verspätung zum Zielort befördert.  Sie muss dann nur die hälftige Ausgleichszahlung leisten.

 

Das Amtsgericht Frankfurt musste sich in seinem Urteil vom 21.10.2014 (Az.: 31 C 1623/14) mit der Frage beschäftigten, ob  Art. 7 Abs. 2 lit. c) Verordnung (EG) Nr. 261/2004 analog bei einer Verspätung auf einem Langstreckenflug (i.d.F. ein Flug über 3.500 km) von über drei, aber unter vier Stunden anzuwenden ist.

 

Für Flüge innerhalb der EU oder Entfernungen unterhalb von 3.500 km kommt eine analoge Anwendung des Art. 7 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 261/2004 für Fälle, in denen der Flug zwar nicht annulliert, aber verspätet ist, schon nicht in Frage, weil der Zielort spätestens innerhalb von drei Stunden erreicht sein müsste. Um bei einer Verspätung eine Ausgleichszahlung beanspruchen zu können, ist aber mindestens eine dreistündige Verspätung notwendig.

 

Bleibt also der Sonderfall, die Verspätung auf einem über 3.500 km langen Flug, der sich über drei, aber unter vier Stunden verspätet.

 

Das Amtsgericht Frankfurt bejahte hier die Möglichkeit einer analogen Anwendung und sprach dem Reisenden statt 600 Euro nur 300 Euro zu. Für den Fluggast spiele es nach seiner Ansicht keine Rolle, ob er mit einem anderen als dem ursprünglich geplanten oder dem gemäß der ursprünglichen Flugplanung ausgeführten Flug eine Verspätung von mehr als drei und weniger als vier Stunden erleide.

 

Das Amtsgerichts Rüsselsheim verneinte in seiner Entscheidung vom 03.04.2013 (Az.: 3 C 3301/12) eine analoge Anwendungsmöglichkeit.  Nach der Auffassung des Rüsselsheimer Richters sind nämlich die Fälle einer alternativen Beförderung (bei Nichtbeförderung oder Flugannullierung) nicht ohne Weiteres mit der lediglich verspätet durchgeführten Beförderung zu vergleichen. Durch das Kürzungsrecht wird das ausführende Luftfahrtunternehmen für seine über die ursprüngliche Leistungspflicht hinausgehenden Bemühungen „belohnt“, den Fluggast trotz einer Nichtbeförderung oder Annullierung zeitnah - nämlich innerhalb von höchstens zwei bis vier Stunden - zum Endziel zu befördern. In Fällen wie diesen erbringt  die Fluggesellschaft jedoch keine Leistungen, die eine „Belohnung“ rechtfertigen.

 

Dem Amtsgericht Frankfurt ist in dem Punkt zuzustimmen, dass es dem Reisenden wahrscheinlich egal ist, ob er mit ursprünglich geplanten oder einem Ersatzflug sein Flugziel binnen vier Stunden erreicht.  Allerdings war die Absicht des Verordnungsgebers wohl, die Fluggesellschaft, die sich bei einer Annullierung bemüht, den Fluggast relativ zeitig an den Bestimmungsort zu bringen, mit der Halbierung der Ausgleichszahlung zu belohnen. In der Regel wird sich auch Aufwendungen für diese Bemühungen gehabt haben. Eine planwidrige Regelungslücke für Verspätungsfälle ab drei Stunden ist nach meiner Ansicht nicht erkennbar. 

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