Kündigung des Reisevertrages bei anderer Unterkunft

Der spätere Kläger hatte bei der Beklagten eine Ferienunterkunft für einen Angelurlaub in Norwegen und eine Fährüberfahrt gebucht. Als er sich in Norwegen befand, teilte ihm der Veranstalter mit, dass er ihm die gebuchte Unterkunft wegen eines Brandschadens nicht zur Verfügung stellen könne. Er bot ihm andere Unterkünfte an, die sich allerdings in einer Entfernung von mindestens 60 km zu der ursprünglich gebuchten Unterkunft befanden. Der Kläger, da er sich ohnehin in Norwegen befand, wollte sich die Unterkünfte ansehen. Diese sagten ihm allerdings nicht zu, so dass er wieder abreiste.Als der Kläger sich auf der Rückreise befand, rief ein Mitarbeiter der Beklagten an, dem der Kläger mitteilte, dass er sich auf der Rückreise befinde. Er verlangte vom Veranstalter die Erstattung des Reisepreises sowie zusätzlich Fähr- und Fahrtkosten.

 

Das beklagte Reiseunternehmen wollte den Reisepreis nicht erstatten, weil es davon ausging, dass der Kläger sich für eine der Ersatzunterkünfte verbindlich entschieden hatte.

 

Nachdem das Amtsgericht Bottrop in erster Instanz der Klage stattgegeben hatte, wies das Landgericht Essen mit seinem Urteil vom 08.09.2015 (Az.: 15 S 61/15) die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten zurück.


Andere Unterkunft ist ein abstrakter Reisemangel

Die von der Beklagten angebotene Reiseleistung sei aufgrund eines Reisemangels

erheblich beeinträchtigt gewesen. Unabhängig von der Frage, ob eine etwaige Ersatzunterkunft gleichwertig oder vergleichbar ist, liege ein abstrakter Mangel der Reiseleistung bereits vor, wenn die gebuchte Unterkunft nicht zur Verfügung gestellt werden kann und sich die Ersatzunterkunft in einem anderen Ort als das zunächst gebuchte Ferienhaus befindet. Das Bereitstellen einer Ersatzunterkunft stellt nach Ansicht des Gerichts insoweit immer einen Reisemangel dar, selbst wenn beide Unterkünfte von der Ausstattung her gleichwertig sind, da insoweit stets die vereinbarte Soll-Beschaffenheit von der tatsächlich vorliegenden Ist-Beschaffenheit der Reiseleistung abweicht.

 

Beweislast für Vertragsänderung hinsichtlich der Unterkunft liegt beim Veranstalter

Hinsichtlich einer den Reisemangel behebenden Vertragsänderung zwischen den Parteien sei die Beklagte beweisbelastet. Diese habe den Beweis allerdings nicht führen können.

 

Der Reisemangel  sei zudem erheblich gewesen und berechtigte den Kläger somit zur Kündigung des Reisevertrages.

 

Beeinträchtigung der Reise muss subjektiv und objektiv nicht hinnehmbar sein

Eine Erheblichkeit des Reisemangels sei gegeben, wenn die Hinnahme der Beeinträchtigung aus subjektiven und aus objektiven Gesichtspunkten für den Reisenden nicht zumutbar ist.  

 

Andere Unterkunft grundsätzlich eine objektiv erhebliche Beeinträchtigung

Kann der Reiseveranstalter dem Reisenden die vereinbarte Unterkunft nicht zur Verfügung stellen, stelle dies grundsätzlich eine objektiv erhebliche Beeinträchtigung der Reise dar.

 

Nur eine vergleichbare und geeignete Ersatzunterkunft ist subjektiv zumutbar

Die subjektive Zumutbarkeit der Hinnahme des Mangels könne hingegen bei Bereitstellung einer vergleichbaren und geeigneten Ersatzunterkunft bejaht werden.

 

Vorliegend sei dem Kläger der Bezug der von der Beklagten angebotenen Ersatzunterkünfte bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls weder aus objektiv noch aus subjektiven Erwägungen zumutbar. Die Zumutbarkeit wird insoweit von der Rechtsprechung bei der Unterbringung in einem anderen, vom gebuchten weit entfernt (60 bis 100 km) liegenden Ort grundsätzlich abgelehnt. Daneben seien in diesem Fall die Ersatzunterkünfte kleiner und nicht gleich ausgestattet gewesen.

 

Fristsetzung bei unzumutbarem Abhilfeangebot entbehrlich

Eine Fristsetzung sei gemäß § 651e ll 2 BGB entbehrlich gewesen, da die sofortige Kündigung des Reisevertrages durch ein besonderes Interesse des Klägers gerechtfertigt war.

 

Ein besonderes Interesse an der sofortigen Kündigung i. S. d. § 651e ll 2 BGB bestehe insbesondere dann, wenn der Reiseveranstalter dem Reisenden bereits ein unzumutbares Abhilfeangebot unterbreitet hat, oder die Abhilfemöglichkeit bereits mehr als einmal fehlgeschlagen ist .

 

Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte von den insgesamt neun angebotenen vergleichbaren Ferienhäusern keines anbieten konnte, dessen Bezug dem Kläger objektiv und/oder subjektiv zumutbar gewesen wäre, musste der Kläger nicht mehr damit rechnen, dass eine weitere Fristsetzung zu einer erfolgreichen Abhilfe durch die Beklagte führen würde. Darüber hinaus sei dem Kläger der mit einer weiteren Fristsetzung verbundene Aufwand und Zeitverlust vor dem Hintergrund des bereits Geschehenen und der insgesamt kurzen Urlaubsdauer unzumutbar gewesen. Der Kläger hatte insoweit bereits umfangreiche Mühen auf sich genommen und zwei Ersatzobjekte in großer Entfernung zu dem ursprünglichen Urlaubsort  besichtigt.