Probleme mit dem Kabinendruck kein außergewöhnlicher Umstand

Das Amtsgericht Königs Wusterhausen hat in seinem Urteil vom 05.11.2014 (Az.: 4 C 1575/14) entschieden, dass Probleme mit dem Kabinendruck keinen außergewöhnlichen Umstand i.S. von Art. 5 Abs. 3 der EU-Fluggastverordnung darstellen.


Das Amtsgericht Königs Wusterhausen sieht nun wie einige andere Amtsgericht auch, die Erstattungsfähigkeit der vorgerichtlichen Anwaltskosten auch ohne Verzugseintritt.



Entscheidungsgründe


Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von 400,00 Euro aus den unstreitig bei der Beklagten zur Flugnummer DE 1785 für den 23.06.2014 gebuchten Flug von Antalya nach Schönefeld mit siebenundzwanzigstündiger Verspätung gemäß Art. 7 Abs. 1 b) der EU-Fluggastordnung 296/2004 i. V. m. der EuGH-Rechtsprechung, Urteil vom 26.02.2013, Aktenzeichen C 11/11 und das BGH-Urteil vom 18.02.2010, Aktenzeichen XAZR 95/06. Danach sind bei Fällen von einer Verspätung über drei Stunden hinaus von der geplanten Ankunftszeit denen der Annullierung nach der EU-Fluggastverordnung in den Rechtswirkungen gleichgestellt worden. Die Beklagte vermag sich dagegen auch nicht von einer Ausgleichszahlung zu exkulpieren im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der EU-Fluggastverordnung, denn sie kann sich nicht auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen. So hat die Beklagte vorgetragen, dass nach Abflug der Kabinendruck gefallen ist und damit es zu einem Flugsicherheitsmangel gekommen sei. Dies berechtigt nicht, sich auf einen außergewöhnlichen Umstand zu berufen, denn nach der Legaldefinition des EuGH im Urteil vom 22.12.2008 zum Aktenzeichen C 549/07 sind außergewöhnliche Umstände solche, die in aller Regel nicht vom Luftfahrtunternehmen zu beherrschen sind und nicht in ihren Machtbereich fallen. Der von der Beklagten vorgetragene technische Defekt gehört aber immanent zur Ausübung des Flugverkehrs, fällt damit in den Machtbereich des Flugunternehmers und ist damit kein von außen eintretender unabhängiger Grund, auf den die Beklagte keinen Einfluss hat. Dabei unterscheidet die Rechtsprechung und Kommentierung nicht, ob diese technischen Defekte voraussehbar waren oder nicht, ob sie vor oder nach dem Starten eingetreten sind oder ob sie durch die nötigen Sicherheitskontrollen erkennbar gewesen sind. Nach alledem kann dahinstehen, ob die Beklagte im Übrigen, wie die Rechtsprechung vorsieht, zumutbare Maßnahmen hätte ergreifen müssen, um eine Verspätung zu verhindern (EuGH vom 19.11.2009, Aktenzeichen C 402/07, C 432/07). Denn darauf kommt es nicht mehr an.


Der Kläger hat auch Anspruch auf Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe seit dem 21.07.2014 gemäß §§ 280 ff., 286, 288 BGB.


Sofern sich die Beklagte auf eine Anrechenbarkeit von Kosten gemäß Art. 12 der EU-Fluggastverordnung beruft, so geht dieses ins Leere. Denn unbestritten hat der Kläger vorgetragen, dass er vom Reiseveranstalter keine Zahlungen erhalten hat.


Der Kläger hat auch Anspruch auf den Verzugsschadensersatz in Form von Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 83,54 Euro gemäß § 631, 280 Abs. 1 BGB. Dabei ist davon auszugehen, dass die Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastverordnung fällig wird gemäß § 271 BGB sofort mit Eintreten der Verspätung. Gemäß Art. 14 Abs. 2 der EU-Fluggastverordnung ist die Beklagte sodann verpflichtet, bei Eintreten von Annullierungen von Flügen oder deren Verspätung die Fluggäste über ihre Rechte zu informieren in Form der Ausreichung eines schriftlichen Hinweises. Sofern sie dies nicht tun, ist von dem Vorliegen einer Rechtspflichtverletzung aus dem Beförderungsvertrag auszugehen, die berechtigt, vorgerichtlich einen Anwalt einzuschalten, der sich mit der Spezialmaterie auseinandersetzt und die Beklagte auf Ausgleichszahlung aufzufordern. Da sodann die Beklagte im Übrigen auch die volle Ausgleichszahlung nicht gewähren wollte, ist der Klägerseite die Erstattungsfähigkeit der vorgerichtlichen Anwaltskosten auch ohne Verzugseintritt zuzugestehen (Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 08.05.2014, Aktenzeichen 210 C 440713, Amtsgericht Bremen, Urteil vom 12.06.2014, Aktenzeichen 9 C 72/14).


Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht aus § 708 Ziff. 11 i. V. m. §§ 711 und 713 ZPO.