Der Flug aus dem Türkeiurlaub nach Frankfurt a.M. hatte eine Verspätung von mehr als sechs Stunden. Die Kläger machten deshalb jeweils eine Ausgleichszahlung gegen das beklagte Luftfahrtunternehmen vor dem Amtsgericht Rüsselheim geltend.
Die Fluggesellschaft meinte, dass ein außergewöhnlicher Umstand vorgelegen habe und sie daher von der Ausgleichspflicht befreit sei. Die Verspätung beruhe darauf, dass das Flugzeug am Vorabend auf dem Stuttgarter Flughafen beschädigt worden sei. Dort soll Treppenfahrzeug gegen das Flugzeug gefahren und einen Flügel so strukturell beschädigt haben, dass das Flugzeug habe ersetzt werden müssen.
Das Amtsgericht nutzte die Möglichkeit eines Vorabentscheidungsersuchens und wollte vom Gerichtshof der Europäischen Union u.a. wissen, ob Eingriffe von eigenverantwortlich handelnden Dritten, die Aufgaben übertragen bekommen haben, die zum Betrieb eines Luftfahrtunternehmens gehören, als außergewöhnliche Umstände im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der VO zu bewerten seien und ob es dann darauf ankomme durch wen (Fluggesellschaft, Flughafenbetreiber usw.) der Dritte beauftragt worden sei.
In seinem Beschluss vom 14.11.2014 (Az. C-394/14 Siewert-Condor) wies der EuGH darauf hin, dass Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004 eng und dahin auszulegen sei, dass ein Vorkommnis wie die Kollision eines Treppenfahrzeugs eines Flughafens mit einem Flugzeug nicht als außergewöhnlicher Umstand qualifiziert werden könne, der das Luftfahrtunternehmen von seiner bei großer Verspätung eines mit diesem Flugzeug durchgeführten Fluges bestehenden Ausgleichspflicht gegenüber den Fluggästen befreie.
Als außergewöhnlich könne ein Vorkommnis aber nur qualifiziert werden, wenn dies gerade nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sei und aufgrund seiner Natur oder Ursache von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sei (Urteil Wallentin-Hermann, EU:C:2008:771, Rn. 23).
Die Kollision eines Flugzeugs mit einem Treppenfahrzeug sei als ein Vorkommnis anzusehen, das Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens ist. Treppenfahrzeuge würden bei
der Beförderung von Fluggästen im Luftverkehr notwendigerweise eingesetzt werden, so dass die Luftfahrtunternehmen regelmäßig mit Situationen konfrontiert seien, die sich aus dem Einsatz solcher
Treppenfahrzeuge ergeben.