Entschädigung für entgangene Urlaubsfreuden bei kurzfristiger Reiseabsage 75% - Rechtsanwalt Berlin Lichtenberg - Erbrecht, Verkehrsrecht

Entschädigung für entgangene Urlaubsfreuden bei kurzfristiger Reiseabsage 75%

Die Klägerin hatte für sich und ihre Familie eine Flugpauschalreise gebucht. Nachdem die Familie am Flughafen bereits eingecheckt hatte und auf den Abflug wartete, wurde der Flug annulliert. Weder die Fluggesellschaft noch der Reiseveranstalter konnten eine alternative Beförderung ermöglichen.

 

Die Familie war aufgrund der kurzfristigen Absage natürlich enttäuscht und wollte von dem Veranstalter auch eine Entschädigung gemäß § 651f Abs. 2 BGB (Entschädigung für entgangene Urlaubsfreude) haben. 

 

Der Veranstalter wolle zunächst keine Entschädigung zahlen, so dass es zu einem Prozess vor dem Amtsgericht Aschaffenburg (Urteil vom 06.04.2018; Az.: 123 C 1640/17) kam.

 

In dem Prozess berief sich der Veranstalter auf mehrere Entscheidungen anderer Gerichte, in denen 50% des Reisepreises zugesprochen worden sind. Die Beklagte meinte, dabei handele es sich um eine Obergrenze. 

 

Der BGH hatte in einer Entscheidung eine Entschädigung in Höhe von 50% des Reisepreises revisionsrechtlich nicht beanstandet, stellte in dieser Entscheidung aber auch klar, dass die Bemessung der Entschädigung grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters ist.

 

Anm.: In seinem nach dieser Entscheidung ergangenen Urteil vom 29.05.2018 (Az.: X ZR 94/17) hielt der BGH eine vom LG / OLG Köln zugesprochene Entschädigung in Höhe von 73% des Reisepreises bei einer hochwertigen und attraktiven Kreuzfahrt, die sehr kurzfristig abgesagt worden ist, für nicht rechtsfehlerhaft.

 

Das Gericht sah sich auch nicht an eine 50% Entschädigung gebunden und sprach der Familie eine Entschädigung in Höhe von 75% des Reisepreises zu. Von den vorgelegten Entscheidungen sei in diesem Fall eine Abweichung nach oben notwendig. Das Gericht berücksichtigte dabei, dass die Annullierung in der Hauptreisezeit erfolgte und somit eine alternative Reise zu einem ähnlichen Preis nicht mehr gebucht werden konnte. Weiterhin berücksichtigte das Gericht, dass die Annullierung unmittelbar vor dem Abflug nach dem Einchecken, wenn die Urlaubsvorfreude nachvollziehbar bereits besonders groß ist, die Familie der Klägerin besonders schwer traf. 

 

In der Entscheidung vertrat das Amtsgericht Aschaffenburg zudem unter Bezugnahme auf die BGH-Entscheidung vom 26.05.2010 (Az.: X ZR 124/09) die Auffassung, dass der buchende Reisende auch die Ansprüche wegen entgangener Urlaubsfreude von Mitreisenden gemäß § 651 f Abs. 2 BGB auch ohne Abtretung geltend machen kann. Die Zahlung kann er dann allerdings nicht an sich selbst, sondern nur an den jeweiligen Mitreisenden verlangen. Dies ist vor allem bei minderjährigen Kindern interessant, bei denen Abtretungen problematisch sind und die so keinem eigenen Prozessrisiko ausgesetzt werden.

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